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Aufwendungen für Präimplantationsdiagnostik als außergewöhnliche Belastungen

Medizinisch notwendig, steuerlich absetzbar: Kosten für Präimplantationsdiagnostik als außergewöhnliche Belastung
Der BFH hat mit Urteil vom 29.02.2024, Az. VI R 2/22 entschieden, dass Aufwendungen, die einer gesunden Steuerpflichtigen für eine durch eine Krankheit des Partners veranlasste Präimplantationsdiagnostik (PID) entstehen, als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein können.
Der Fall:
Bei der PID handelt es sich um ein genetisches Diagnoseverfahren zur vorgeburtlichen Feststellung von Veränderungen des Erbmaterials. Diese Veränderungen können eine Fehl- oder Totgeburt verursachen bzw. zu einer schweren Erkrankung eines lebend geborenen Kindes führen. Es erfolgt eine zielgerichtete genetische Untersuchung von Zellen eines durch künstliche Befruchtung entstandenen Embryos vor seiner Übertragung und Einnistung in die Gebärmutter.
Im Streitfall lag beim Partner der Klägerin eine chromosomale Translokation vor. Wegen dieser Chromosomenmutation bestand eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein auf natürlichem Weg gezeugtes gemeinsames Kind an schwersten körperlichen oder geistigen Behinderungen leiden und unter Umständen nicht lebensfähig sein könnte. Aus diesem Grund wurde eine PID durchgeführt. Der Großteil der hierfür notwendigen Behandlungen betraf die Klägerin. Sie beantragte den Abzug der entsprechenden Kosten als außergewöhnliche Belastungen. Seitens des Finanzamts wurde eine Berücksichtigung der Behandlungskosten abgelehnt. Das Finanzgericht gab der Klage hinsichtlich der von der Klägerin selbst getragenen Aufwendungen statt.
Die Entscheidung des Gerichts:
Der BFH hat die Entscheidung des Finanzgerichts bestätigt. Die Aufwendungen der Klägerin seien zwangsläufig entstanden, da die ärztlichen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit dem Zweck dienten, eine durch Krankheit beeinträchtigte körperliche Funktion ihres Partners auszugleichen. Aufgrund der biologischen Zusammenhänge habe – anders als bei anderen Erkrankungen – durch eine medizinische Behandlung des erkrankten Partners allein keine Linderung eintreten können. Der Berücksichtigung der Aufwendungen stehe deshalb nicht der Umstand entgegen, dass die Klägerin selbst gesund ist.
Irrelevant war hier auch, dass die Klägerin und ihr Partner nicht verheiratet waren. Letztlich war auch das Erfordernis der Übereinstimmung der vorgenommenen Behandlungsschritte mit gesetzlichen Vorschriften - insbesondere dem Embryonenschutzgesetz - erfüllt.
(Stand: 11.06.2024)
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