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Steuerliche Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen und Unterkunftskosten bei einem (Praxis-)Semester im Ausland
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 14.05.2020, Az. VI R 3/18 entschieden, dass StudierendeUnterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen eines Auslandsemesters als vorab entstandene Werbungskosten geltend machen können, wenn sie bereits eine Erstausbildung abgeschlossen haben.
Die Klägerin, eine Studentin, nahm nach einer abgeschlossenen Erstausbildung das Studium „International Business“ an einer inländischen Fachhochschule auf. Für diesen Studiengang schreibt die Bachelorprüfungsordnung vor, dass der Studierende das Studium für zwei Semester an einer ausländischen Partnerhochschule zu absolvieren hat. Der Studierende bleibt während dieser Zeit jedoch an der inländischen Hochschule eingeschrieben.
Die Klägerin machte für diese Zeit des Auslandsstudiums die dadurch bedingten zusätzlichen Unterkunftskosten sowie Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten geltend.
Das Finanzamt hat dies abgelehnt. Nach Ansicht des Finanzamts handelt es sich bei der Auslandsuniversität um die erste Tätigkeitsstätte der Klägerin und somit könnten die Aufwendungen für die Unterkunft und Verpflegung, ähnlich einem Arbeitnehmer, nur im Rahmen der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten angesetzt werden. Diese war vorliegend allerdings nicht gegeben. Auch das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) jedoch gab der Studentin Recht.
Nach Ansicht des BFH bleibt die inländische Hochschule die erste Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 8 EStG, wenn die Studienordnung, wie im vorliegenden Fall, vorsieht, dass Studierende einen Teil des Studiums an einer ausländischen Hochschule absolvieren können bzw. müssen, zumindest soweit der Studierende dieser Hochschule auch für die Zeiten des Auslandsstudiums zugeordnet bleibt.
Somit sind die Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen im Ausland als vorweggenommene Werbungskosten steuerlich zu berücksichtigen, auch wenn keine doppelte Haushaltsführung vorliegt. Gleiches gilt bei Praxissemestern.
Zu beachten ist allerdings, dass von dieser Rechtsprechung nur Studierendeprofitieren, die bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Bachelorstudiengang) abgeschlossen haben. Vom Werbungkostenabzug ausgenommen sind Aufwendungen für die erste Berufsausbildung (Berufsausbildung oder Studium). Hier wird der Aufwand nur im Rahmen des Sonderausgabenabzugs berücksichtigt. Eine steuerliche Auswirkung gibt es nur dann, wenn der Studierende im Jahr der Entstehung der Aufwendungen auch steuerpflichtige Einkünfte hat.
(Stand: 11.12.2020)
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