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Außergewöhnliche Belastungen bei Aufwendungen für eine operative Fettabsaugung (Liposuktion)
Der BFH hat mit Urteil vom 23.03.2023, Az. VI R 39/20 entschieden, dass Aufwendungen für eine Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems zumindest ab dem Jahr 2016 regelmäßig ohne Vorlage eines vor den Operationen erstellten amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind.
Der Fall:
Die Klägerin hat seit Jahren an einem Lipödem (krankhafte Fettverteilungsstörung) gelitten. Im Streitjahr (2017) unterzog sie sich auf Anraten des behandelnden Arztes einer Liposuktion, da konservative Behandlungen keine Besserung bewirkten. Da der Gemeinsame Bundesausschuss der Krankenkassen (GBA) -trotz jahrelanger Prüfung- immer noch keine entsprechende Kostenübernahmeempfehlung ausgesprochen hatte, übernahm die Krankenkasse die Kosten der Operation nicht. Die Klägerin machte die Kosten als außergewöhnliche Belastung geltend. Seitens des Finanzamts wurde dies unter Berufung auf die BFH-Rechtsprechung zu früheren Zeiträumen abgelehnt, da es sich um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode handelt und ein vor Behandlungsbeginn ausgestelltes Gutachten bzw. eine ärztliche Bescheinigung des Medizinischen Dienstes nicht vorlagen. Das Finanzgericht gab der Klage allerdings statt.
Die Entscheidung des Gerichts:
Der BFH hat die Entscheidung des Finanzgerichts bestätigt. Mittlerweile (jedenfalls ab 2016) besteht über die Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit der Liposuktion bei einem Lipödem unter Medizinernkein nennenswerter Streit mehr. Außerdem sind im Gesetz beispielhaft die Frisch- und Trockenzellenbehandlung sowie die Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie als wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden benannt. Die Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems ist damit nicht vergleichbar. Unerheblich ist, dass die Liposuktion nicht in das Leistungsverzeichnis der Krankenkassen durch den GBA einbezogen ist. Die bei der Klägerin durchgeführte Liposuktion hat nicht kosmetischen Zwecken gedient, sondern war medizinisch indiziert. Daher hat es für die Anerkennung der Kosten als außergewöhnliche Belastung, genauso wie bei anderen Krankheitsaufwendungen, keiner Vorlage eines vor der Behandlung ausgestellten amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung bedurft.
(Stand: 07.07.2023)
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